Hesse-Historie

 

Die Hermann A. Hesse-Baumschulen hatten sich bereits wenige Jahre nach ihrer Gründung 1879 zu einer der bedeutendsten Baumschulen Deutschlands entwickelt. Die im heutigen Hessepark angesiedelten Pflanzen-Produktionsflächen bildeten zusammen mit den Verwaltungsgebäuden das Herzstück der Baumschule. Sie machten aber auch nur einen kleinen Teil der insgesamt über 200 ha umfassenden Baumschulflächen aus. Durch herausragende Zucht- und Kultivierungserfolge des Firmengründers sowie der enormen Gehölzartenvielfalt erreichte der Betrieb zu Beginn des 20. Jahrhunderts Weltruhm. Die als Nachschlagewerke fungierenden Kataloge, eine umfangreiche Bibliothek sowie eine beispiellose Vergleichssammlung von Baumschulmaterial verschafften dem Betrieb große Anerkennung in der Fachwelt. Die Anlagen hatten zeitweise fast den Stellenwert eines botanischen Gartens und zogen viele Besucher an. Hohe gesellschaftliche Anerkennung erwarb sich Hermann A. Hesse aber auch durch die zu damaliger Zeit ungewöhnlichen und beispielhaften sozialen Leistungen für seine Mitarbeiter sowie den Einsatz für seine Heimatstadt Weener. Als Arbeitgeber von in der Saison bis zu 500 Arbeitskräften war auch die wirtschaftliche Bedeutung für Weener enorm. Kriegswirren und ein gesellschaftlicher Wandel, in dessen Zuge die alten Werte des Baumschulbetriebes mehr und mehr zur Belastung wurden, bereiteten den Niedergang der Baumschulen, der im Jahre 1992 seinen Abschluss fand.

 

Das Baumschulerbe wurde nach der Betriebsaufgabe aber bald als erhaltenswert erkannt. Wertvolle Baumbestände wurden mit der Intention der Entwicklung zu einem Arboretum, also einem Baumgarten, im Südwesten des Parks gebündelt. Die hochstämmigen Obstbäume fanden eine dauerhafte Bleibe in der dort anschließenden Streuobstwiese. Aber auch an vielen weiteren Standorten im Park finden sich Besonderheiten und Kostbarkeiten, auf die heute in vielen Fällen mit Namenschildern hingewiesen wird. Hervorzuheben ist das Urweltmammutbaum-Wäldchen mit den dort ebenfalls angesiedelten Sumpf-Zypressen, das Linden-Wäldchen und der Eiben-Hain. Auch viele weitere der ehemaligen Baumschul-Quartiere sind heute noch zu erkennen. Gleichwohl hat sich mit der Durchmischung mit auf natürliche Weise angesiedelten heimischen Baum- und Straucharten eine ganz eigene Dynamik der Veränderung eingestellt. Genau dieses Spannungsfeld zwischen dem Bewahren des wertgebenden aus der Baumschulzeit sowie dem von den Wildpferden gestalteten Neuen macht den Reiz des Hesseparks aus.

 

Sichtbare Spuren der Baumschulvergangenheit stellen aber auch die Reste des früheren Ent- und Bewässerungssystems dar, die noch heute die natürliche Entwicklung maßgeblich beeinflussen. Mit der Kultivierung des Baumschulgeländes Ende des 19. Jahrhunderts waren die Niederungen des hier ursprünglich verlaufenden Ems-Nebengerinnes („Geise“) aufgefüllt, Gräben gezogen und über mehrere Ebenen Drainagen verlegt worden. Ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem sorgte im Gegenzug auch in Trockenperioden für eine gleichmäßige Durchfeuchtung des Bodens. Für die Anlage von Feuchtbiotopen erwies sich dieses Baumschulerbe als Nachteil.

 

Gehölzvielfalt und BaumgestaltenGehölzvielfalt und BaumgestaltenGehölzvielfalt und Baumgestalten

Im Hessepark finden sich etwa 150 verschiedene Gehölzgattungen, über 200 Gehölzarten und etwa 500 verschiedene Sorten, Züchtungen und Varietäten. Allein 21 verschiedene Sorten wurden in den Hesse-Baumschulen gezüchtet. Einige von Ihnen wurden mit dem botanischen Sortennamen „Hessei“ hinter der Artbezeichnung gekennzeichnet. Das Hesse-Herbarium, die alte überaus umfangreiche Bibliothek sowie die Züchtungskartei befinden sich inzwischen im Heimatmuseum Weener. Ein großer Teil der Gehölzarten und Sorten sind beschildert und vom öffentlichen Wegenetz des Parks sichtbar. Soweit ein QR-Code angebracht ist, besteht die Möglichkeit, mit dem Smartphone zusätzliche Informationen zu den Arten zu gewinnen.

 

Als besondere Kostbarkeiten aus der Baumschulzeit gelten das Urwelt-Mammutbaum-Wäldchen, der alte Eibenhain, ungewöhnlich große Lorbeerbüsche, eine Sammlung japanischer Ahorne und besonderer Laubbäume, Zierobstgehölze, Gingko-Bäume, Riesenmammutbäume, und besondere Nadelgehölze aus aller Welt. Ein besonderes Schmuckstück stellt der Gelbholz-Baum am Rande der Obstwiese dar, die selbst ebenfalls eine große Sortenvielfalt alter hochstämmiger Obstsorten aufweist.

 

Aber auch die meisten heimischen Nadel- und Laubgehölz- Arten wurden zu Baumschulzeiten im Hessepark kultiviert und blieben nach der Betriebsaufgabe in ihren Quartieren. Zusammen mit den wild aufgeschlagenen Eichen, Erlen, Weiden, Schlehen, Holunder, Hasel oder Brombeeren bilden sie das Gros des Gehölzbestandes des Parks. Während bei den als besonders wertvoll erachteten Gehölzen im Fall einer Verbiss-Gefahr durch die Weidetiere Schutzmaßnahmen ergriffen werden, wird bei den anderen Gehölzen der Verbiss und damit das Absterben von Bäumen und Sträuchern als Teil des von den Tieren ausgehenden Umbauprozesses bewusst in Kauf genommen.